Sonntag, 8. April 2012

Konfuzius und das "Hier und Jetzt"


Über Kung Fu tse, den großen Lehrer der chinesischen Philosophie, ist nicht allzu viel Sicheres bekannt. Zunächst leitete er eine Schule für Krieger, in der er seinen Schülern nicht nur Kampftechniken, sondern auch das Schreiben und das Rechnen, die alten Riten und Gesetze sowie den Tanz und die Musik vermittelte.

Konfuzius (551 - 479 v. Chr.)

Wie andere Gelehrte seiner Zeit auch, soll er von Hof zu Hof gezogen und im Dienst verschiedener Fürsten als Ratgeber tätig gewesen sein. Seine Auffassungen fanden jedoch wenig Unterstützung. Erst Meng tse (Menzius, 372 – 289 v. Chr.) schaffte die Grundlagen dafür, dass der Konfuzianismus zur offiziellen chinesischen Staatsphilosophie wurde – und es bis zum Ende des Kaiserreiches im Jahre 1911 auch bleiben konnte.

Ausgangspunkt seiner Philosophie ist ein erkenntnistheoretischer Pragmatismus, der sich dadurch ausdrückt, dass Konfuzius explizit jede Beschäftigung mit metaphysischen Fragen ablehnt. Schließlich reiche das Erkenntnisvermögen des Menschen kaum aus, um schon Alltagsfragen adäquat lösen zu können. Ihm geht es um das „Hier und Jetzt“, um das, was der Mensch in dieser Welt tun kann und tun soll:

„Dsi Gung fragte den Meister: „Haben die Toten Bewusstsein oder haben sie kein Bewusstsein?“ Der Meister sprach: „Dein Wunsch zu wissen, ob die Toten Bewusstsein haben oder nicht, ist zunächst keine dringende Sache. Später wirst du es von selber wissen“ (44).

Konfuzius legt vielmehr großen Wert auf das kritische Denken und selbstgesteuerte Lernen: „Lernen und nicht denken, ist nichtig. Denken und nicht lernen ist ermüdend“ (45). So kann man in seinem Buch "Gespräche mit Schülern (Lun Yü)" eine gewisse undogmatische Offenheit auch gegenüber seinen eigenen Auffassungen  beobachten, wenn er beispielsweise sagt: „Mein Schüler Hui hilft mir nicht. Mit allem, was ich sage, ist er einverstanden!“ (113).

Offenheit, Diskussions- und Lernbereitschaft, verbunden mit einer vornehmen Zurückhaltung gegenüber dem, was der Mensch niemals wird beantworten können, und dies alles zum Ausdruck gebracht durch einfach verständliche elementare Weisheiten machen Konfuzius zu einem großen Philosophen.

Ein Schüler fragte: „Darf ich wagen, nach dem Wesen des Todes zu fragen?“ Der Meister sprach: „Wenn man noch nicht das Leben kennt, wie sollte man den Tod kennen!“ (115)

Lun Yü (Gespräche)
In seinen Gesprächen mit den Schülern lehrt Konfuzius die Weisheit des Lebens und die Ehrlichkeit der Rede. Nach der „Goldenen Regel“ sollen sich die Menschen nichts antun und einander das geben, was sie selbst gern möchten. Nur so würden sie glücklich werden.

„Sein Schüler Dsi Gung fragte: „Gibt es ein Wort, nach dem man das ganze Leben hindurch handeln kann?“ Der Meister sprach: „Die Nächstenliebe. Was du selbst nicht wünscht, tu nicht anderen an“ (159).

Konfuzius fordert von den Menschen Selbstdisziplin, Mäßigkeit und Vorsicht. Wenn sie ruhig und besonnen leben, dann fänden sie ihr inneres Gleichgewicht. Wenn die Menschen im Gleichgewicht leben, dann bleiben nach Konfuzius auch die Natur und der Kosmos im Gleichgewicht.

Der vollkommene Weise lebt aus seiner Mitte heraus. Konfuzius fordert von ihm, dass er nach Einfachheit und Redlichkeit strebt, dass er in allem das rechte Maß erkennt. Er soll an das Gute im Menschen glauben und das Gute tun, wo immer er kann. Konfuzius will keine Mystiker, sondern er bildet Menschen aus, die die Welt durch praktisches Tun verändern.

Grundlage dafür sind die Regeln und Gesetze des Zusammenlebens, in der konfuzianischen Philosophie gehören dazu: die Sittlichkeit, die Menschlichkeit, die Rechtschaffenheit, die Frömmigkeit und die Loyalität zum Herrscher. Dieser soll den Menschen vor allem ein moralisches Vorbild sein.

Von den Bürgern verlangt Konfuzius, dass sie den Gesetzen folgen. Alle müssen ihre Pflichten für die Gemeinschaft erfüllen. Nicht eine göttliche Gnade bessert die Menschen, jeder muss sich selbst anstrengen.

Wenn diese Ziele beachtet werden, dann kann geht es dem Einzelnen und dem Staat gut – und der Friede ist möglich. So wird der Mensch erst durch Anstrengung zu dem, was er sein soll:

„Der Meister sprach: Wer sich selbst regiert, was sollte der für Schwierigkeiten haben, eine Regierung auszuüben? Wer sich selbst nicht regieren kann, was geht den das Regieren von anderen an?“ (134)

Zitate aus: Kungfutse: Gespräche. Lun Yü, übersetzt und erläutert von Richard Wilhelm, München 1994 (Diederichs)

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