Freitag, 28. Oktober 2011

Werner Jaeger und die Paideia

Im Jahre 1933 erschien der erste von insgesamt drei Bänden des Hauptwerkes von Werner Jaeger. Die Paideia war ein Buch, das wie kein zweites den Bildungsgedanken der griechischen Antike als Fundament der abendländischen Kultur idealisierte. 

Werner Jaeger war einer der führenden klassischen Philologen des zwanzigsten Jahrhunderts, der 1934 aufgrund seiner distanzierten Haltung zum Nationalsozialismus in die USA emigrierte. Dort wurde er der erste Leiter des Institute for Classical Studies an der Havard University.


Nach Jaeger hat die Kultur im Griechentum schlechthin ihren Ursprung: "So hoch wir auch die künstlerische, religiöse und politische Bedeutung der früheren Völker schätzen mögen, beginnt doch die Geschichte dessen, was wir als Kultur in unserem bewussten Sinne bezeichnen können, nicht eher als bei den Griechen." (3)

In diesem Zusammenhang sei Paideia gleichbedeutend mit der griechischen Bildung. Die Besonderheit der Griechen in der Geschichte der menschlichen Erziehung beruhe "auf dem allbeherrschenden Formtrieb, mit dem der Grieche nicht nur an künstlerische Aufgaben, sondern ebenso an die Dinge des Lebens herangeht, und auf dem philosophischen, das Allgemeine erfassenden Sinn für die tiefer liegenden Gesetze der menschlichen Natur und die aus ihnen entspringenden Normen der persönlichen Seelenführung und des Aufbaus der Gemeinschaft." (12)

Das höchste Kunstwerk, das es zu bilden gelte, aber sei der Mensch. Zwar sei Erziehung zunächst keine individuelle Angelegenheit, "sondern ihrem Wesen nach Sache der Gemeinschaft" (2), gleichwohl entspringe die weltgeschichtliche Bedeutung der Griechen als Erzieher "aus der neuen bewussten Erfassung der Stellung des Individuums in der Gemeinschaft." (8) 

"Unser deutsches Wort Bildung bezeichnet das Wesen der Erziehung am anschaulichsten im griechischen, platonischen Sinne. Es enthält in sich die Beziehung auf das künstlerisch Formende, Plastische wie auf das dem Bildner innerlich vorschwebende normative Bild, die 'Idea' oder den 'Typos'. Überall wo später dieser Gedanke in der Geschichte wieder auftaucht, ist er ein Erbe der Griechen." (12f)

Zitate aus: Werner Jaeger: Paideia. Die Formung des griechischen Menschen, Berlin 1989 (de Gruyter) 


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